Roman Schnellbach
Prothese - High Tech
08.05.20 Ich habe es in dem Beitrag "Könnt Ihr Euch das vorstellen" vorgestern erwähnt, dass zwei Orthopädietechnikermeister hier waren um gemeinsam über Optionen der Prothese zu fachsimpeln. Am Ende des Videos vom gleichen Tag, in dem Ihr mich schon laufen seht, sind die beiden auch kurz im Hintergrund zu sehen. Was haben wir besprochen? Was gibt es für Ideen? Dazu muss ich vielleicht ein wenig erklären. Für mich kommt die Amputation noch erschwerend zum "wieder laufen lernen" dazu. Eine Person, die "nur" ein Bein verliert hat den Vorteil, dass sie ja laufen kann und muss sich nun lediglich mit dem künstlichen Ersatz des Beines arrangieren - schwierig genug, weil so eine Lösung ja immer nur ein Kompromiss ist. Aber selbigen will man ja so optimal wie möglich realisieren, um wieder am Leben komplett teilhaben zu können. Ein Mensch ohne Lähmung bekommt normalerweise eine Prothese so eingestellt, dass das "gesunde" Bein, das Standbein ist, Das bedeutet, dass im Stand das Gewicht mehr auf dem nicht amputierten Bein zum liegen kommt und die Prothese eher entlastet wird. Bei mir stellt sich durch die Lähmung und die daher kommenden (noch) fehlenden physischen Kräfte in den Beinen, die Situation anders dar. Die Prothese wird bei mir die Funktion des Standbeins übernehmen sollen/müssen, da die Prothese in sich stabiler ist und sich technisch auch so ausrüsten lässt, dass sie diese Funktionalität auch aktiv unterstützen kann. Die Idee ist also, die Prothese mit einem computergesteuerte Kniegelenk auszustatten. Der Vorteil hier ist, dass das Gelenk permanent computergesteuert wird und programmierbar ist. Die Sicherheit beim Gehen ist um ein vielfaches höher, weil das Gelenk mitdenkt. Interessant wird beim Versuch dann sein, ob es klappen kann, dass das Gelenk in der kompletten Streckung des rechten Beins automatisch arretiert, ich also mit vollem Gewicht sicher darauf stehen kann. Wenn also die Belastung ganz auf dem rechten Bein ist, wenn ich also das linke Bein nach vorne setze, fixiert sich das rechte Kniegelenk und hält mich bombenfest. Und erst, wenn mein Körpergewicht etwas nach vorne über die Hüfte hinaus geht, weil ich den Schritt mit dem rechten Bein (Prothese) starte, öffnet sich das Gelenk wieder damit ich das rechte Knie für den Schritt beugen kann. Umgekehrt, wenn ich mein Becken nach hinten über die Mitte bewege, um mich zu setzen, oder theoretisch rückwärts ginge, öffnet sich das Gelenk ebenfalls, damit es die Kniebeugung zum sitzen ermöglicht. Und das passiert gerade einfach. Weil das Rehazentrum Kontakte zu den führendsten Prothetik Spezialisten in Deutschland hat und mit denen seit Jahren eng zusammenarbeitet. Für mich ein Geschenk des Himmels. Oder ein "es soll jetzt eben so sein, dass alles wie am Schnürchen läuft." Was haben die Techniker also gemacht? Es ist so toll, wie diese Leute arbeiten, weil sie bei jedem Patienten das Rad ein Teil neu erfinden müssen. Die Technik mag beim einen oder anderen dieselbe sein. Aber die Reaktion des Beins, der Haut, die persönlichen Empfindungen, die Anwendungsgebiete für eine Prothese, der Lebensstil, die Hobbys - das ist bei jedem wieder ganz individuell. Und somit sind alle Techniker, die ich in den 26 Jahren kennen gelernt habe, kreative Bastler und Erfinder, die mit Leidenschaft immer wieder nach neuen Lösungen suchen. Und was haben sie also vorgestern kurzerhand gemacht, geniale Idee, wie ich finde, einen Gipsabdruck von meinem Innenschaft der Prothese angefertigt. Das ist die innere Hülle, die ich mit einem dünnen Nylonstrumpf direkt über die Haut anziehe und die nicht nur auf den Millimeter genau passen muss. Und daraus bauen sie einen neuen Außenschaft, in den dann der Innenschaft, samt meinem Oberschenkel kommt. Und daran kommt dann das Testgelenk (wobei sie zwei Gelenke mit mir probieren wollen) eine Stange für den Unterschenkel, ein Fuß unten und fertig. Sprich, sie bauen mir bis, vielleicht schon Ende kommender Woche, eine zweite Prothese. Einfach um probieren zu können. Ich war am Mittwoch so überwältigt, dass so was möglich ist. Denn so ein Gelenk kostet so extrem viel Geld, das bestellt man nicht einfach so, nur um was zu probieren. Aber die haben das da und ich kann damit probieren. Wie genial ist das denn? Und dann wird sich zeigen, wie viel mir das zusätzlich helfen kann. Bin sehr gespannt und voller Tatendrang. Gerade laufen einfach so viele positive Energiefelder oder Energiestränge zusammen und potenzieren sich. Es ist einfach nur toll. Für heute hab ich genug - bin nach den fünf Tagen echt extrem erledigt. Dennoch fühlt sich alles so leicht an - keine Erwartungen sondern Überzeugungen - keine verbissene Anstrengung sondern eine freudige Leichtigkeit die ich wie ein Feuerwerk ausstrahle und damit fast alle hier anstecke. Zu meinen Fortschritten erzähle ich morgen wieder etwas, füge dann noch mal Videos dazu, damit ihr vergleichen könnt, ob es nun schon besser aussieht, als noch am Mittwoch.
Wen die Technik noch mehr interessiert: https://www.ottobock.de/prothesen/beinprothesen/kniegelenke/c-leg/

Bild: https://media.ottobock.com/_web-site/prosthetics/lower-limb/c-leg/files/646d790-int-07-1606w.pdf