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  • AutorenbildRoman Schnellbach

Mein rechter Oberschenkel und die Prothese

Dienstag 19.05.20

Ja, ich wusste, dass mein rechtes Bein, ein zentrales Thema bei meinem Projekt werden würde. Natürlich würde, beim Laufen lernen, die Muskulatur wachsen. Natürlich würde dann die Prothese, früher oder später, nicht mehr passen. Das war mir klar. Mehr als den Therapeuten hier. Aber dass es so schnell gehen würde, davon war ich dann doch überrascht - ja, eigentlich positiv, denn, dass es so schnell und so spürbar, sichtbar, fühlbar vorwärts gehen würde, das hatte ich nicht geahnt.

Aber jetzt heißt es Geduld haben. Klar ärgere ich mich ein kleines bisschen, dass ich jetzt im Moment nicht laufen kann. Wir haben es heute ganz kurz probiert. Die Prothese anzuziehen, aber auch wenn der Stumpf wirklich scheinbar komplett abgeschwollen war (der Teil zumindest, der in den Prothesenschaft gehört), war es nicht möglich, sie anzuziehen - der Umfang schon direkt nach der breitesten knöcherne Stelle am Knie (siehe Bild), hat zugelegt.


Ich passe da nicht mehr durch das ja wirklich millimetergenau passende Nadelöhr hindurch. Also war der Versuch sehr sonderbar. Denn mein rechtes Bein war heute gut drei cm länger als das linke. Und die Hüfte ist damit auch nicht mehr stabil, weil ich nicht ganz sicher in dem Schaft drin stehe. Und dann war das kein wirkliches Gehen, denn wenn ich auf dem rechten Bein stehe, bin ich zu groß, als das ich das linke auf den Boden brächte. Verkehrte Welt. Wir haben nach sechs Schritten aufgehört.


Also gut, alle Übungen, wie auch schon gestern, wieder auf einem Bein. Für die Stabilität im Rumpf und für die Kraft im linken Bein, ist das kein Nachteil. Denn dieses Training brauchen wir genauso. Und für den Rumpf und die Stabilität und die Muskulatur dort, können wir auch alles machen - nur GEHEN geht nicht. Schade, aber das hole ich dann in Windeseile nach.

Mein Stumpf ist nun bandagiert, bekommt seine Zeit abzuschwellen und seine Aufgaben zu verarbeiten. Morgen Visite vom Arzt (Dr. Popp), der das Reha Zentrum betreut. Der wird auch noch mal darauf schauen. Die Muskulatur und das Gewebe dort sind warm, aber nicht gerötet, nicht entzündet. Es arbeitet dort einfach. Und wen wundert das auch. Nach 26 Jahren stelle ich, von heute auf morgen, mein ganzes Gewicht fast 6 Stunden pro Tag direkt auf den rechten Oberschenkel. Das ist der nicht gewohnt. Das linke Bein zwar auch nicht wirklich. Aber doch etwas mehr, weil dort das Knie ja wirklich noch den Unterschenkel trug und damit auch den direkten Kontakt immer zum Boden, respektive der Fußplatte des Rollstuhls, hatte. All das, will erst mal verdaut sein und physisch wieder ins rechte Licht gerückt werden.


Donnerstag ist hier in Baden-Württemberg Feiertag. Aber hier wird weiter gearbeitet, wer möchte. Und wenn der Patient will, dann arbeitet der Therapeut am Feiertag auch. Die Assistenten, die Freiwilliges Soziales Jahr machen arbeiten dann auch. Ich find das toll. Und zeigt mir wieder diesen Spirit: „Wir wollen alle gemeinsam etwas erreichen.“


Montag haben wir dann noch mal Telefonkonferenz mit Firma Seifert wegen der Zukunft meiner Prothese - was und wie wir etwas Neues entwickeln. Denn mit der Prothese, mit der ich hier angekommen bin, werde ich nicht mehr Nachhause fahren - da muss war komplett Neues her.


Und das Wochenende wird Ruhe gut für mich sein, damit mein Oberschenkel in seiner neuen Rolle ankommen kann. Es wird werden - Neu werden - damit ich dann so richtig aufstehen und in die Gänge kommen kann.


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