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  • AutorenbildRoman Schnellbach

Fast zwei Wochen zuhause

Donnerstag 23.07.20

Jetzt bin ich schon die zweite Woche zuhause. Ruhe ja. Normalität, weiß noch nicht so recht.

Alltag - schon, nur auch anders.


Mein Gefühl, noch nicht in mir angekommen zu sein, ist noch da. Es ist gar nicht so einfach, dies zu beschreiben. Und normalerweise ist das wohl auch ein Thema, was man meist für sich behält. Ich will es dennoch ein wenig versuchen, da es zu meinem Aufstehen dazu gehört.


In Pforzheim konnte ich mich in ein bestehendes System einfügen. Da war die Struktur vorgeben. Frühstück, Therapie, Mittagessen, weitere Therapiepunkte, Freizeit, Abendessen, Freizeit… Wochenende. Das war einfach, sich da einzufügen. Zuhause hatte ich auch einen Rhythmus aus verschiednen Tätigkeiten und Aufgaben, im Haus und außerhalb. Der war zwar lang nicht so fest und gleichtönig, aber dennoch gewohnt.


Und nun wieder zuhause, fühlt es sich anders an. Zum einen, weil die Erschöpfung noch in mir ist. Mein Körper oder die Kombination aus Körper und Geist sagt noch nicht wieder: „los, auf, lass uns was erschaffen, kreieren, probieren.“ Mein System ist eher in einem abwartenden Ruhemodus.

Und dagegen ist aber das Leben in meiner Familie sehr aktiv. Das ist sehr konträr. Ich bekommen zwar gesagt, dass ich mir die Zeit nehmen soll, die ich brauche. Aber dennoch sehe ich, dass meine alte Rolle eine andere war. Dass ich wieder mehr tun will, aber nicht einfach das alte Muster nur kopieren möchte.

Denn meine Hauptidee ist immer noch, dass ich doch meine neuen Fähigkeiten, das Aufrichten und Aufstehen auch in meine Alltag integrieren möchte. Aber da bin ich noch nicht weiter. Weil ich das noch gar nicht alleine kann. Und dazu am liebsten niemanden brauchen würde. Geht aber nicht.

Ein Fehler wäre es, mich damit zu sehr unter Druck zu setzen. Denn die Idee, auf den Rollstuhl so schnell, wie möglich, zu verzichten, ist zwar gut und im Kopf versuche ich das auch immer mehr schon zu denken. Aber von heute auf morgen geht es nicht. Und je mehr Ruhe ich mir damit erlaube, desto besser, denn mit Überfordern, bewegt sich ja doch nichts wirklich gut.


Der Rollator fehlt noch - das wichtigste Hilfsmittel um mich, ohne viel Unterstützung, aufrichten zu können. Das Stehbrett hab ich noch hier, mit dem werde ich versuchen, wie sich damit eventuell ein Kompromiss finden lässt. Zum anfangen.

Und dann ist immer noch der Unterschied zu Pforzheim. Wenn ich dort Therapie hatte, war immer jemand da um aufzustehen. Und hier ist es notwendig, meine Helfer erst darum zu bitten - ja das klingt so einfach. Für mich ist es das immer noch nicht.


Genau an dem Punkt spüre ich auch, dass ein Teil der alten Angst sich wieder zeigt. Ich hatte davon erzählt, dass ich meine Angst gesehen und in die Schranken weisen konnte. Das ja. Nur stehe ich jetzt nach zwölf Wochen „Isolation im festen System“, wieder am Startpunkt in die Freiheit: allein entscheiden und tun. Und komische Gefühle tauchen wieder auf, die mir so gar nicht gefallen und die ich nicht wieder zum Teil meines Alltags werden lassen möchte.

Beim ersten Besuch der Physiotherapie in Endorf, Masken, Masken Masken, grauenhaft. Und ich bin da so oft gewesen, kenne alle, die dort arbeiten. Dennoch fühlte ich mich erstmal so gar nicht sicher. Ich bin aufgefordert, auch da noch einmal neu einzutauchen.

Als ich heute meine Kleinste in den Kindergarten brachte, wo ich auch alle kenne, wieder dieses Gefühl von Unsicherheit und Angst. Unterschwellig - mein Kopf weiß, dass das nichts reelles im Jetzt ist. Aber ich spüre dennoch dieses alte Muster.

Aber es ist anders als damals. Weil ich die Quelle kenne, weil ich hinsehen kann und es dann auch umdrehen kann. Es löste sich ganz schnell wieder auf. Nur, weglaufen darf ich davor nicht. Werd ich auch nicht.


Wenn solche Gedanken in mir sind, keine Eindeutigkeit für die weiteren Schritte da sind, dann wirke ich nicht glücklich und zufrieden sondern angespannt. Und ich weiß, dass das für meine Frau dann auch nicht so angenehm ist, weil sie es mit ansehen muss und nicht aktiv ändern kann. Das wirkt sich dann auch wieder auf das Miteinander von uns aus. Jeder wird vorsichtig, geht eher ein Stück zurück. Und dann ist das ganz gemeinsame Gefühl nicht mehr so da, wie es sein könnte.

Und darum will ich aus diesem Gefühl schnell raus.


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